… ein Hauch von Wort und Bild

Die Verweigerung von Hilfe aus Angst, ausgenutzt zu werden, hat hoher Preis

„Aus Angst, ausgenutzt zu werden, ziehen wir manchmal unsere Hände zurück, anstatt zu geben, und erkennen zu spät, dass wir damit unser Herz verschlossen haben.“


Misstrauen wächst, wo Liebe zögert (traumbrise.de) Das Zitat berührt eine innere Spannung, die wohl jeden irgendwann begleitet: Wir wollen helfen, wir wollen für andere da sein, und gleichzeitig fürchten wir, dass unser Vertrauen missbraucht wird. Es zeigt, wie ein Schutzmechanismus, der uns eigentlich helfen soll, am Ende gegen uns selbst arbeiten kann. Wer immer aus Furcht zurückweicht, schützt sich zwar kurzfristig, läuft aber Gefahr, langfristig das eigene Herz zu verhärten.

Die Mauer aus Misstrauen

Die Angst, ausgenutzt zu werden, ist tief in uns verwurzelt. Sie entsteht aus Erfahrungen, die wir gemacht haben. Vielleicht haben wir einmal jemandem vertraut, viel gegeben, vielleicht mehr als wir eigentlich konnten, und am Ende blieb nichts zurück außer Enttäuschung. Solche Momente brennen sich ein. Sie lehren uns, vorsichtiger zu sein. Doch Vorsicht verwandelt sich schnell in Rückzug, und Rückzug verwandelt sich noch schneller in Verschlossenheit.
Stellen Sie sich vor, Sie sehen jemanden, der Hilfe braucht. Vielleicht einen Kollegen, der überlastet ist, einen Freund in einer finanziellen Notlage oder einfach einen Fremden, der eine kleine Gefälligkeit benötigt. In diesem Moment blitzt ein Gedanke auf: „Was, wenn derjenige mich nur ausnutzt? Was, wenn meine Hilfe als selbstverständlich angesehen wird? Was, wenn ich am Ende der Dumme bin?“
Diese Angst ist wie ein unsichtbarer Schild, der sich zwischen uns und die andere Person schiebt. Die Hand, die eigentlich etwas reichen, etwas geben wollte, wird zurückgezogen. Es ist ein defensiver Reflex, ein Schutzmechanismus, den wir uns oft in einer Welt angeeignet haben, die manchmal hart und undankbar erscheint. Wir fürchten, unsere Zeit, unsere Energie, unsere Gefühle oder unser Geld zu verschwenden. Also tun wir nichts. Wir entscheiden uns für die Sicherheit des Nichtstuns, anstatt das Risiko einzugehen, verletzt oder übervorteilt zu werden. In dem Moment fühlt sich diese Entscheidung klug und selbstbewahrend an.

Die unerwartete Kälte

Im zweiten Teil des Zitats wird erst klar, dass die größte Folge unserer Vorsicht nicht das ist, was wir dem anderen nicht gegeben haben, sondern was wir dabei mit uns selbst antun.
Das Verschließen des Herzens ist kein lauter, dramatischer Akt. Es ist ein leises, fast unbemerktes Zufallen einer Tür in unserem Inneren. Mit jeder zurückgezogenen Hand, mit jeder unterdrückten großzügigen Regung, wird diese Tür ein Stück weiter zugemacht. Wir merken es vielleicht nicht sofort. Aber mit der Zeit wird unser inneres Leben kälter, vorsichtiger, abgeschotteter. Wir gewöhnen uns daran, zuerst an das Schlimmste zu denken. Wir trainieren uns selbst darin, zu stellen. Die Angst, ausgenutzt zu werden, verwandelt uns langsam in Menschen, die kaum noch etwas von sich preisgeben – nicht nur ihr Geld oder ihre Zeit, sondern vor allem ihre Wärme, ihre Anteilnahme, ihre spontane Freude am Geben.
Dieser Prozess ähnelt dem langsamen Zufrieren eines Sees. Zuerst bildet sich nur eine dünne Eisschicht an der Oberfläche, kaum sichtbar. Doch mit jeder kalten Nacht wird die Schicht dicker und fester, bis kein Wasserspiegel mehr zu erkennen ist. So erstarrt auch unsere Fähigkeit, uns zu öffnen. Was als kluger Schutz begann, wird zu einem gefrorenen Zustand, der uns von unseren eigenen lebendigsten Regungen trennt. Wir können dann vielleicht noch funktionieren, aber das spontane Überlaufen vor Freude, das unmittelbare Mitfühlen mit einem anderen Menschen, das wird seltener und mühsamer.
Am Ende sitzen wir in der Falle unseres eigenen Denkens. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, die Welt als einen Ort voller Gefahren zu betrachten, dass wir gar nicht mehr bemerken, wie wir uns selbst zu Gefangenen in diesem Bild gemacht haben. Die Kälte, die wir um uns aufgebaut haben, um uns vor vermeintlichen Dieben zu schützen, hält nun uns selbst gefangen. Wir frieren in unseren eigenen vier Wänden, während wir draußen das Lachen anderer Menschen hören, die sich trauen, ihre Hände offen zu halten.

Der hohe Preis unserer Vorsicht

Die Tragik, die das Zitat beschreibt, liegt in den Worten „erkennen zu spät“. Das bedeutet, dass uns die wahren Kosten unserer Handlung erst auffallen, wenn es bereits geschehen ist. Vielleicht sitzen wir eines Abends allein da und fragen uns, warum sich unsere Beziehungen so oberflächlich anfühlen. Warum wir uns manchmal so isoliert und unverbunden fühlen, obwohl wir doch so vorsichtig und klug gehandelt haben.
Der Preis für den Schutz vor möglicher Ausbeutung ist oft die echte Verbindung zu anderen Menschen. Geben – im weitesten Sinne – ist der Klebstoff, der Beziehungen zusammenhält. Es ist die Geste, die sagt: „Ich sehe dich. Du bist mir nicht egal.“ Indem wir diese Geste unterdrücken, um uns zu schützen, berauben wir uns selbst der Möglichkeit, echte Nähe und Zufriedenheit zu erleben. Wir haben vielleicht eine kleine Schlacht gegen eine mögliche Ungerechtigkeit gewonnen, aber wir verlieren den Krieg um ein erfülltes, warmherziges Leben. Wir sind dann wie jemand, der aus Angst vor einem Einbruch sein Haus nie mehr verlässt und so die Welt da draußen vollkommen aus den Augen verliert.
Das Paradoxe daran ist, dass wir genau das herbeiführen, was wir eigentlich vermeiden wollten: die Vereinsamung. Wir fürchteten, von anderen ausgenutzt zu werden, und am Ende nutzen wir uns selbst aus, indem wir uns um die schönsten Momente des Miteinanders betrügen. Die kleinen Freuden, die entstehen, wenn man unaufgefordert hilft, das strahlende Lächeln eines Menschen, der sich verstanden fühlt, das tiefe Gefühl der Verbundenheit nach einem ehrlichen Gespräch – all das opfern wir auf dem Altar unserer Vorsicht.
Mit der Zeit wird aus vielen einzelnen, zurückgezogenen Händen eine Haltung, ein Charakterzug. Man wird zu einer Person, die Hilfe grundsätzlich erst einmal hinterfragt, anstatt sie einfach zu leisten. Man wird schwer von Begriff, wenn es darum geht, die Not eines anderen zu erkennen. Diese innere Starre ist der eigentliche Schaden, nicht die gelegentliche Enttäuschung, die man vielleicht erfahren hätte. Wir bauen einen Panzer um unser Herz und wundern uns dann, warum wir die Wärme des Lebens nicht mehr spüren können.

Eine Einladung

Wir sollen bewusst Räume zu suchen, in denen Vertrauen wachsen darf. Nicht jeder Mensch wird unsere Hilfsbereitschaft missbrauchen. Es gibt viele, die sie wertschätzen und erwidern. Und gerade durch das Wagnis des Gebens erfahren wir, dass unser Herz lebendig bleibt.
Das Zitat ist eine Einladung, die lautet, das nächste Mal, wenn der Impuls kommt, die Hand zurückzuziehen, einen Moment innezuhalten. Es geht nicht darum, naiv zu werden und sich jedem Risiko auszuliefern. Es geht um eine bewusste Abwägung: Ist das kleine Risiko, ausgenutzt zu werden, den hohen Preis wert, den ich mit einem verschlossenen Herzen zahle? Vielleicht entscheiden wir uns manchmal dennoch dafür, nicht zu geben – und das ist in Ordnung. Aber vielleicht entscheiden wir uns öfter dafür, es doch zu tun, einfach weil das Geben an sich unser Leben reicher macht.
Denn eine offene Hand, die etwas gibt – sei es Zeit, Aufmerksamkeit oder Hilfe – ist immer auch eine offene Hand, die etwas empfangen kann: Dankbarkeit, Verbundenheit oder das einfache, gute Gefühl, für jemand anderen einen Unterschied gemacht zu haben. Der wahre Schaden nicht darin liegt, gelegentlich ausgenutzt zu werden, sondern darin, in einer Festung aus Angst zu leben, die wir selbst um unser Herz gebaut haben.

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